Predig am 10. August 2025 in der Erlöserkirche

 

PREDIGTTEXT – EPHESER 5,8-14:

„Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Lebt als Kinder des Lichts – das Licht bringt nichts als Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor -, indem ihr prüft, was dem Herrn gefällt, und beteiligt euch nicht an den fruchtlosen Werken der Finsternis, sondern deckt sie auf! Denn was durch sie im Verborgenen geschieht, auch nur auszusprechen, ist schon eine Schande; alles aber, was aufgedeckt wird, wird vom Licht durchleuchtet, ja, alles, was durchleuchtet wird, ist Licht. Darum heisst es:
Wach auf, der du schläfst,
und steh auf von den Toten,
so wird Christus dein Licht sein.

Amen.

PREDIGT

Liebe Gemeinde,

was für eine wunderbare Zusage, die wir hier erhalten: „ihr seid Licht im Herrn“ – das hört man doch gerne!

Schon vorhin, im Votum, haben wir Ähnliches gehört: „Ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages“ (1Thess 5,5).

Wunderbare Zusagen, herrliche Beschreibungen, schmeichelnde und sicherlich sehr angenehm zu vernehmende Attribuierungen sind das. Wer ist nicht gerne Licht des Herrn und Kind des Lichtes und des Tages.

Im Epheserbrief wird dieses Bild von den Christinnen und Christen, den Adressaten als Kinder des Lichtes für ein gegensätzliches Bild verwendet: Dort Finsternis und Nacht, hier das Licht und der Tag, das Wachsein.

Es wäre ein Missverständnis, das so zu verstehen, dass damit zwei Menschengruppen gemeint sind: die, die „Werke der Finsternis“ wirken einerseits – man könnte naheliegend an Nichtchristen, im Heidentum verbliebene denken – die „Kinder des Lichtes“ andererseits, also die Christen in Ephesus und darüber hinaus.

Dabei geht es hier gar nicht darum, einen Gegensatz zwischen zwei Gruppen aufzutun, die Adressaten dazu aufzufordern, sich von der Mehrheitsgesellschaft abzusondern, diese persönlich zu meiden oder vielleicht sogar zu verachten – all das gab es im Christentum und gibt es immer noch (man denke an die pietistischen Konventikler, die etwa in Fontanes Romanen immer wieder auftauchen).

Diese Gegensätze von Finsternis und Licht sind keine zwei Menschengruppen, sondern zwei Phasen beziehungsweise Situationen im Leben eines Christen und einer Christin.

Finsternis und Licht – das kennt jeder aus dem eigenen Leben, der eigenen Biographie, der eigenen Gegenwart und Vergangenheit.

„Denn einst wart ihr Finsternis“ – heißt es. Hier offensichtlich stark auf die Vergangenheit der Einzelnen bezogen, die sich – wie damals üblich – erst im Lauf des Lebens dem Christentum zugewendet haben.

Aber auch wir, die wir schon unser ganzes Leben Christen sind, bei denen das nicht eine lineare Sache ist, kennen doch solche Finsternis, in der wir einmal waren, immer wieder sind, oder von der wir nicht mit Sicherheit sagen können, dass sie uns nie befallen wird.

Manchmal, da ist es auch in unseren Leben finster – da passieren uns unangenehme Dinge, da erleiden wir Schicksalsschläge, da sind wir selber finster; aus Unzufriedenheit, aus Verletztheit, aus Eifersucht oder vielen anderen Emotionen und Situationen heraus.

Davor bewahrt uns unser Christsein nicht – weder die Finsternis, die von außen auf uns eindringen kann, noch vor der, die aus unserem Inneren kommt – als Gefühl, aber eben auch als Haltung und Tat.

Die „Werke der Finsternis“ – das ist nichts, was nur die „Anderen“ tun, das machen wir selber auch und wenn wir ehrlich mit uns sind, dann müssen wir wohl erkennen, dass das gar nicht mal so selten ist.

Aber all das verblasst, hat keine Bedeutung mehr, soll uns nicht interessieren – wir sind eben im eigentlichen, im Kern unseres Seins als Christinnen und Christen „Kinder des Lichts“.

Weil wir – um im Lichtbild zu bleiben – angeschienen sind.

I. Angeschienen werden

Wenn im Neuen Testament vom Licht die Rede ist, dann geht das immer von einem aus oder führt zu einem hin, der von sich sagt: „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh 8,12).

Wenn wir als Kinder des Lichtes bezeichnet werden, dann ist klar: nicht wir selber sind das Licht, sondern wir stehen in einem abgeleiteten Verhältnis dazu. Kommen dem nach, sind von ihm – so wie Kinder nach den Eltern kommen und ohne diese nicht wären.

Wenn es heißt: „das Licht bringt nichts als Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor“ – dann sind damit nicht zuerst wir gemeint, sondern zuerst ist unser und der Welt Licht gemeint, das Christus ist.

Wenn wir also Kinder des Lichtes sind und es auch sein wollen – dann sind wir hier dazu aufgerufen, uns immer an dem eigentlichen Licht zu orientieren. Sinn und Herz immer auf dieses Licht auszurichten, von ihm zu zehren, uns von ihm beleuchten und anscheinen zu lassen.

Wir nehmen all unseren Schein, all unsere eigenes Lichtsein von diesem Licht – entzünden unsere Lichtflammen gewissermaßen an ihm.

Das sollten wir uns immer wieder in Erinnerung rufen – und zwar besonders dann, wenn wir in Phasen uns Zeiten der Finsternis sind. Wenn das Leben dunkel ist.

Du musst gar nicht immer selber leuchten! Du bist nicht selber das Licht, das alles erhellen muss – du kannst, du darfst, auf das Licht schauen und vertrauen, das Christus heißt.

Eben weil du zu ihm gehörst, weil du Licht von seinem Licht bist, von ihm angestrahlt und gewärmt.

II. selber scheinen

Dabei hört es aber nicht auf. Bleibt nicht dabei stehen.

Ja eigentlich geht diesem Erkennen, diesem Angestrahltsein etwas voran, wenn wir den Text ernst nehmen wollen.

Unser Abschnitt schließt nämlich mit einem Appell, der ans ganz Grundsätzlich geht und – mit anderen Bildern – noch einmal das zusammenfasst, was davor gesagt wird.

Es heißt:

„Wach auf, der du schläfst,

und steh auf von den Toten,

so wird Christus dein Licht sein.“

Damit Jesus dein Licht sein kann, damit du ihn als dein Licht erkennen kannst, musst du gewissermaßen geistlich erwacht sein.

Eigentlich logisch: Licht gehört zum Tag und da ist man eben wach. Tod, der wurde früher mit der Nacht und dem Schlaf assoziiert und verbunden.

Aufwachen, das meint hier sich an dem orientieren, was das Licht eben ausmacht: „das Licht bringt nichts als Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor“ und „prüft, was dem Herrn gefällt“ – wenn wir uns bemühen, danach zu leben, aus diesen Eigenschaften und Haltungen, dann ist das der Beginn eines geistlichen Aufwachens.

Und Aufwachen in alttestamentlichen Sinn, das ist unter Anderem auf die Ankündigungen, Zusagen und auch Warnungen der Propheten hören. Vorhin, da haben wir gehört:

„Kommt und lasst uns hinaufziehen zum Berg des Herrn,

zum Haus des Gottes Jakobs,

damit er uns in seinen Wegen unterweise

und wir auf seinen Pfaden gehen.“

Sich von Gott in seinen Wegen unterweisen lassen, auf sein Wort hören, auf seinen Pfaden gehen – nicht einfach so tagträumend ins Leben hinein, sondern eben mit einem Ziel und einer Orientierung. Bei Jesaja ist das das Hinaufziehen zum Berg des Herrn.

Für uns als Christen ist das gewissermaßen ergänzend auch die Orientierung am Licht, das Jesus ist und der uns vorgelebt hat, wie wir als „Kinder des Lichts“ wandeln sollen.

Als solche leben wir – tun, handeln, interagieren mit unserer Umwelt. Aber immer mit dem Blick auf das Licht Jesu, mit Blick auf ihn und seine große Tat an und für uns.

Leben, handeln, tun wir als Kinder des Lichts. Lassen wir die Finsternis hinter uns, richten den Blick nach vorne, in die neu beginnenden Tage, richten wir unsere Herzen aus auf das Licht der Welt, unseren Herrn Jesus Christus.

Wie haben wir vorhin beim Propheten Jesaja gehört; „Haus Jakob, kommt und lasst uns gehen im Licht des Herrn!“

Dazu aber müssen wir geistig wach sein, dem Licht zugewandt, vom Licht Christi bestrahlt und selber scheinen.

Das uns das gelingt, dazu gebe Gott seinen Segen.

Amen.

Leopold Potyka