Mit Ralf Stoffers im Gespräch Gibt es ein bestimmtes persönliches Erlebnis, das Ihren Weg in die Kirche besonders beeinflusst hat? Das kann ich so eigentlich nicht sagen, dass es ein konkretes Erlebnis war. Es war vielmehr von Personen abhängig oder mit Personen verbunden. Es war zum einen ein sehr guter Lehrer am Gymnasium, den ich in Religion hatte. Und der hat meine Leidenschaft für Religion und Geschichte und Gemeinschaftskunde, das war so meine Fächerkombination, gefördert. Und das hat mich irgendwo dort hingezogen dann. Und in anderer Hinsicht war es also dann der Pfarrer oder der Pastor meiner Heimatgemeinde, da ist so in mir die Frage aufgekommen, ob das vielleicht nicht auch anders möglich wäre, diese Arbeit zu gestalten. So für mich vom Gefühl her mehr bei den Menschen oder auch für die Menschen. Also es waren mehr die Menschen, denen ich begegnet bin, als dass es ein konkretes Erlebnis gewesen ist Wie gestalten Sie persönlich Ihren Glauben im Alltag? Die Frage, wie ich persönlich den Glauben im Alltag gestalte, die Antwort mag vielleicht paradox klingen, aber ich werde das Gefühl, dass mein Alltag vom Glauben gestaltet wird. Er begegnet mir ja permanent und ich ihm in meiner Arbeit, in meinem Alltag, in den Menschen, bei den Gesprächen, zu den verschiedenen Anlässen, über die verschiedenen Themen, wo ich mich austausche, wo ich arbeite, wo ich mich vorbereite oder überlege. Am ehesten gestalte ich selbst vielleicht noch so das, was ich als Phasen der Ruhe oder Zeiten der Ruhe nennen würde. Das kann dann mit dem Lesen zu tun haben, mit Nachdenken, oder auch einfach so mit Stille. Das ist etwas, was ich auch mit zunehmendem Alltag mehr schätze, die Phasen der Stille. Vielleicht hängt das mit dem zusammen, dass man dieses Bild von der Schüssel, von der Schale, die gefüllt werden muss, bevor sie etwas abgeben kann. Ich glaube, da ist sehr viel Wahrheit dran. Ich glaube, Bernhard von Clairvaux war das, der diesen Satz getätigt hat, aber ohne Garantie. Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für die reformierte Kirche in Österreich? Die größten Herausforderungen, denke ich einmal, liegen momentan einfach in der Struktur, also Personen und Finanzen. Und da wahrscheinlich verstärkt im Bereich der Personen. Das betrifft die Mitglieder, das betrifft die Kinder und Jugend, das betrifft das geistliche Personal, damit meine ich nicht nur die Fahrpersonen, sondern auch Religionslehrerinnen, Religionslehrer, Gemeindepädagoginnen, Gemeindepädagogen. Also da, denke ich, ist ganz viel Herausforderung da, da wieder eine Stabilität zu gewinnen und miteinander einen Weg zu finden, wie wir die vielfältigen Aufgaben miteinander tragen können. Strukturen zu entwickeln, wenn ich jetzt erstmal auf die geistlichen, auf die Fahrpersonen, vor allen Dingen auch immer Leute, die kommen aus dem Gemeindefahramt, dass dann die Strukturen so gestaltet werden können, dass man gesund und gern arbeitet. Ich halte das für ganz, ganz wesentlich, wenn wir von der Verkündigung der Frohen Botschaft ausgehen als Grundlage. Dann kann das nur in einer Struktur sein, die auch etwas mit Froh im Sinne von Heil aus meiner Sicht zu tun hat. Wie möchten Sie junge Menschen für die Kirche gewinnen? Die Frage, wie ich junge Menschen für die Kirche gewinnen möchte, die würde ich gerne zurückgeben oder weitergeben, weil ich glaube, das ist eine Frage, bei der wir alle gefordert sind. Aber in erster Linie, glaube ich, sollten wir die Jugend fragen, was braucht es eurer Meinung nach dafür, dass wir junge Menschen für den Glauben interessieren können und wie könnte das am besten gelingen. Meinen Beitrag sehe ich, dass ich eigentlich in erster Linie dann mein Ohr leihen kann und zuhören kann und in einem zweiten Schritt natürlich meine Wahrnehmungen und meine Erfahrungen auch ins Gespräch einbringen kann. Aber ich bin jetzt kein Experte für Jugendarbeit oder für die Jugend, da gibt es, glaube ich, weitaus berufenere und ich denke, das wäre der richtige Weg, dort einmal zu hören, wie Sie es sich vorstellen, was Sie benötigen. Wie Sie das sehen, welche Möglichkeiten, welche Chancen, welche Schwierigkeiten und dann gemeinsam zu überlegen, was können wir umsetzen und was wollen wir da gereichen miteinander. Welche Rolle spielt die Ökumene (Zusammenarbeit mit anderen Kirchen) für Sie? DDs spielt eine ganz große Rolle. In Vorarlberg jetzt sicherlich noch einmal mehr als in Kärnten, wo ich ja vorher als Pfarrer tätig war. Das hängt, denke ich, damit zusammen, dass wir hier im Regens in einer Minderheit sind, während es in Trebesing, in Oberkärnten, so war, dass die Evangelischen die Mehrheit gestellt haben. Der Beleg auf die Vekomene ist meine Erfahrung. Es hängt immer an den Personen. Wichtig ist, dass die, in Anführungsstrichen, sozusagen die Richtigen zusammenkommen. Die zweite Beobachtung ist, dass es an der Basis oftmals leichter oder einfacher ist, als so in und mit der offiziellen Struktur. Aber da lasse ich mich natürlich auch gern ab dem 1. September überraschen, vom Gegenteil überzeugen. Da bin ich ganz offen. Ich persönlich sehe die Ökumene als eine, eigentlich auch als Kern der reformierte Kirche. Welche konkreten Projekte oder Maßnahmen stehen in den nächsten Jahren an, um die Agenda 2040 umzusetzen? Die Frage nach den konkreten Projekten oder Maßnahmen in den nächsten Jahren, um die Agenda 2040 umzusetzen, scheint mir doch ein bisschen zu weit schon zu gehen, weil wir ja erst einmal schauen müssen miteinander, ob wir eine solche Agenda angehen wollen und wenn ja, ob das in Form einer Zukunftswerkstatt geschehen sollte. Wenn ich jetzt schon wüsste, welche konkreten Projekte oder Maßnahmen da stehen, dann bräuchte ich das alles ja gar nicht, sondern wir sollten miteinander Ideen und Vorstellungen zur Diskussion stellen, miteinander darüber diskutieren, was unabdingbar ist und was sozusagen nice to have ist und was es vielleicht auch gar nicht braucht und wie wir das alles dann strukturell und finanziell und personell stemmen können. Wenn also die Idee einer Zukunftswerkstatt Zustimmung findet in der Synode, in den Gemeinden, dann werden wir jedenfalls Online-ModeratorInnen brauchen, die in diesem Format ausgebildet sind und Mitglieder, also Synodale oder auch Gemeindeglieder oder Mitglieder der Presbyterien, die bereit sind, sich in diesem Prozess zu engagieren und ihre Zeit und ihre Kompetenzen einbringen. Was bedeutet für Sie „Reformiert sein“ heute im Unterschied zu früheren Generationen? Was für mich Reformiertsein heute im Unterschied zu früheren Generationen bedeutet? Das ist eine schwierige Frage, finde ich. Da müsste man natürlich auch mal schauen, was genau mit den früheren Generationen gemeint ist. Ich glaube, dass der Kern damals wie heute immer noch Gültigkeit besitzt. Also, dass es jegliche Form von Grund jetzt im Zusammenhang auch mit Geistlichkeit abzulehnen gilt. Es ist schlicht Gottesdiensträume und auch Praxis, Glaubenspraxis, dass es völlig ausreichend ist. Und eigentlich auch wichtig ist, ich finde auch, dass nach wie vor dieser Gedanke des perspektivial-synodalen Prinzips sehr sinnvoll ist. Und wünsche mir, dass es uns noch mehr gelingt, Betroffene zu Beteiligten zu machen, also sie möglichst mitzunehmen auf den Wegen der Entscheidungsfindung und der Entscheidungen. Natürlich ist es hellhörig und weitsichtig, analytisch gegenüber den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen zu sein, die Vielfalt der Formen in Gottesdienst und Gemeindeleben, dass das bestehen kann, dass es da keine Veränderungen gibt in dieser Hinsicht, dass jede Gemeinde ihre eigenen Formate oder ihre eigenen Traditionen hat. Dass wir uns als Reformierte, wie das Wort schon sagt, dass das Wort Gott ist, im Mittelpunkt bleibt, dass wir neu wieder konstatieren, was die Kirche des Wortes bedeutet, wie wir das im 21. Jahrhundert definieren, von der Bibel her, vom 1. und vom 2. Testament. Dass Glaube und Handeln mit Freiheit und Verantwortung zu tun haben, dass die Struktur mit Predigtamt und Presbyteramt und Diakonenamt, ob es nur Diakonium heißt oder in anderer Form, dass das zur DNA von der refomierten Kirche gehört. Wie kann sich die reformierte Kirche stärker gesellschaftlich einbringen, z.B. zu Themen wie Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit oder Migration? Ich glaube, da gilt es vielleicht auch noch einmal miteinander das Gespräch zu führen, was sind denn die Themen, die die Kirche HB bewegen, also die Gemeinden HB bewegen, und da sowohl innergemeintlich, aber auch im Gegenüber oder im Miteinander in der jeweiligen Gesellschaft, in der sie sich eben bewegen und was sie wahrnehmen. Ist das Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit und Migration? Und darüber dann zu arbeiten miteinander, ein Stück weit theologisch, und dann zu schauen, was sind unsere Positionen. Das ist, glaube ich, schon ein wichtiger Punkt. Ich halte nichts davon, wie die neue Präsidentin des Deutschen Bundestages sich geäußert hat über die Rolle der Kirchen, das halte ich für falsch, so wie sie es formuliert hat, aber ich finde es schon spannend, auch noch mal miteinander zu diskutieren, was ist unsere Mitte? Und wie wird diese Mitte sichtbarer und erfahrbarer? Und ich glaube, es ist immer dann gefährlich, wenn es in eine Richtung geht, dass bestimmte Themen sozusagen überhand nehmen. Ich glaube, es ist gut, wenn es eine Vielfalt gibt und wenn wir die verschiedenen Punkte im Auge behalten und da auch uns dann zu Wort melden, wer auch immer das da macht. Aber ich glaube, das Zentrum ist letztendlich die Frohe Botschaft, und die steht im Mittelpunkt, und von dort aus geht dann alles andere weg, sozusagen, und von dort aus wird alles andere geprägt. Und das, glaube ich, müssen wir eigentlich auch immer wieder neu diskutieren oder überprüfen. Das, was, nur als Beispiel, Anfang der 2000er-Jahre gebräuchte, oder vielleicht auch noch 2010, muss 2025 nicht mehr in der konkreten Ausformung so der Gültigkeit besitzen, aber von der Grundlage her neu definieren, wie wir uns verstehen und welches die Aufgaben sind, von denen wir uns gestellt sind. Wie gehen Sie mit dem allgemeinen Trend der abnehmenden Und meine Wahrnehmung war, dass nicht zuletzt auch die Debatte um die vermehrte Integration von AB und HB bei manchen dazu geführt hat, diese Entwicklung eigentlich so ein Stückchen aus Acht zu lassen. Die Kirche HB hat in den letzten 20 Jahren knapp 50 Prozent ihrer Mitglieder verloren. Aber, dass wir darüber diskutiert hätten, welche Gründe da vorliegen, wie wir damit umgehen, und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, welche Konsequenzen wir daraus ziehen, da würde ich sagen, da stehen wir eigentlich erst am Anfang. Und das hat aber auch Auswirkungen auf die Frage, die Sie vorher gestellt hatten, können wir uns überall so gesellschaftlich stärker einbringen. Haben wir dazu die Kapazitäten? Und sind das auch die Notwendigkeiten, die aus unserer Sicht die wichtigsten sind? Das muss man, glaube ich, immer miteinander diskutieren. Was wünschen Sie sich persönlich für Ihre Amtszeit? Ich denke mal, auf alle Fälle kann man sozusagen ein innerkirchliches und ein außerkirchliches Feld vielleicht gliedern. Ganz wichtig wäre mir erst einmal ein gelingendes Miteinander in den Gemeinden und unter den Gemeinden, also in der HB-Kirche insgesamt, mit wertschätzender Wahrnehmung, vor allen Dingen auch und einer transparenten Kommunikation. Natürlich auch ein gelingendes Miteinander mit der HB-Kirche, ein Sich-Begegnen auf Augenhöhe. Dann gehört für mich dazu, dass wir uns mit aktuellen theologischen und gesellschaftspolitischen Entwicklungen auseinandersetzen. Das finde ich weiterhin sehr wichtig. Und dass wir die strukturelle Situation stabilisieren, das ist eigentlich auch ein ganz wichtiger Punkt. Und dann wäre es natürlich schön, wenn die ökumenischen und hinterreligiösen Kontakte sich weiterentwickeln würden, sich vertiefen ließen und genauso auch, dass die Wahrnehmung der Habee-Kirche im öffentlichen Bereich von Wertschätzung geprägt ist. Das wären, glaube ich, so die Hauptpunkte, die ich da sehe, die ich mir wünschen würde, dass das gelingt. Gibt es ein Leitwort oder einen Bibelvers, der Sie für Ihre Arbeit besonders inspiriert? Das Leitwort oder der Bibelvers, der mich ja so inspiriert, das kann ich, glaube ich, so auch nicht in der Form beantworten. Das ist für mich auch immer ein Stück weit von der jeweiligen Situation abhängig. Also, das wechselt, das variiert. Es gibt nicht so sehr den einen Bibelspruch, wenn Sie es an einem Fers machen wollten. Natürlich, mein Konfirmationsspruch. Wenn Sie mich von ganzem Herzen suchen, werde ich mich nicht von Euch finden lassen. Aber es gab auch schon manche anderen Fers, die mich begleitet haben. Das hängt ja immer von der Situation ab, in der man sich befindet oder was gerade anliegt. Im Moment jedenfalls fühle ich mich Kolosser 3.16 sehr nahe oder verbunden. Einfach, weil es da um die Fülle geht, um die Vielfalt, um die Weisheit, um das Loben oder den Lob und den Gesang. Da ist ja ganz viel drin, finde ich, von dem, was christliches Leben ausmacht, christliche Praxis. Und ich denke, wenn man sich das wiederum vergegenwärtigt, dann hat man keine schlechten Voraussetzungen, um im Bereich von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung tätig zu sein. Und seine Arbeit, ja, nach bestem Wissen und gewissem Vertrauen auf Gott anzugehen. Wir danken Ralf Stoffers für seine Zeit und die ausführlichen Antworten. |