Foto: Ulrike Wittich

 

 

 

Online-Gottesdienst zum Feiern zu Hause
aus der reformierten Erlöserkirche am 22. August 2021
mit Pfr. Johannes Wittich


Präludium: Martin A. Seidl: Nun lob, mein Seel, den Herren von Johann Gottfried Walther (1684 – 1748)
Spruch: Mt. 5, 16:

So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Begrüßung:

Wir können etwas weitergeben, als Christinnen und Christen, vom Licht, das uns Gott geschenkt hat. Das spricht Jesus in diesem Satz aus der Bergpredigt an: dort, wo wir trösten, aufbauen, Frieden stiften, Menschen zusammenbringen, helfen und handeln, wird es hell. Es kommt aber auch etwas zurück, wenn wir das alles tun. Das ist gut so, motiviert, weiter auf diesem Weg zu bleiben.

Gleichzeitig verbreiten wir ja nicht unser Licht, sondern geben nur das weiter, was unser uns Glaube gibt. Sind Zeichen Gottes in dieser Welt, nicht mehr oder weniger. Dazu brauchen wir immer wieder die Nähe zu Gott, um Kraft und Inspiration, eben seinen Heiligen Geist, wieder neu in uns zu spüren.

Das kann immer wieder geschehen, ganz besonders, wenn wir uns Zeit zum Feiern vor Gott und mit Gott nehmen, wo auch immer wir gerade sind, wenn wir in Gottes Namen Gottesdienst halten, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Gebet:

Wir wollen miteinander auskommen,
Gott,
ein friedliches Leben leben,
deine Kinder sein.
Manchmal schauen wir dabei zu sehr nach innen,
suchen ein Wohlgefühl,
das die Welt außerhalb der Kirchenmauern ausblendet.
Dein Wort fordert und heraus,
verlangt uns etwas ab
schärft unseren Blick.
Wir kommen zu dir mit Zweifel und Unsicherheit
und suchen deine Weite und dein Angesicht.
Wir kommen zu dir mit Freude und Dank
und wollen diese mit dir teilen
Wir wollen uns mit dir verbinden.
Du lässt uns in einen Spiegel schauen:
So ist die Welt, so ist das Leben, so bist du.
Wir erinnern uns an deine Zusage und bitten:
Komm uns nahe, Gott,
und lass uns deinen Atem spüren.
Amen
.

Lied: Evangelisches Gesangbuch 288, 1-5: Nun jauchzt dem Herren, alle Welt

1) Nun jauchzt dem Herren alle Welt!
Kommt her, zu seinem Dienst euch stellt,
kommt mit Frohlocken, säumet nicht,
kommt vor sein heilig Angesicht
.

2) Erkennt, dass Gott ist unser Herr,
der uns erschaffen ihm zur Ehr,
und nicht wir selbst: durch Gottes Gnad
ein jeder Mensch sein Leben hat.

3) Wie reich hat uns der Herr bedacht,
der uns zu seinem Volk gemacht;
als guter Hirt ist er bereit,
zu führen uns auf seine Weid
.

4) Die ihr nun wollet bei ihm sein,
kommt, geht zu seinen Toren ein
mit Loben durch der Psalmen Klang,
zu seinem Vorhof mit Gesang.

5) Dankt unserm Gott, lobsinget ihm,
rühmt seinen Namen mit lauter Stimm;
lobsingt und danket allesamt.
Gott loben, das ist unser Amt
.

Predigttext: Psalm 100:

1 Ein Psalm zum Lobopfer.
Jauchzt dem Herrn, alle Länder.
2 Dient dem Herrn mit Freuden,
kommt vor sein Angesicht mit Jubel.
3 Erkennt, dass der Herr allein Gott ist.
Er hat uns gemacht, und nicht wir selbst,
sein Volk sind wir und die Schafe seiner Weide.
4 Kommt zu seinen Toren mit Dank,
in seine Vorhöfe mit Lobgesang,
dankt ihm, preist seinen Namen.
5 Denn der Herr ist gut, ewig währt seine Gnade
und seine Treue von Generation zu Generation.

Predigtgedanken:

Liebe Gemeinde!

„Gott loben, das ist unser Amt“ – so heißt es im gerade gesungenen oder gelesenen Lied. Ein schöne Aufgabe, über das zu reden, das zu verkündigen, was Gott uns Gutes tut. Eine Tätigkeit ohne großen Aufwand, aber mit großem Gewinn für uns selbst: wenn wir über das nachdenken, was in unserem Leben gut und gelungen ist, unser Blick auf das Gute unseres Lebens fokussiert, rückt das weniger Gute automatisch in den Hintergrund. Wir fühlen uns dadurch besser und freier.

Das Lied „Nun jauchzt dem Herren, alle Welt“ ist eine Neudichtung des 100. Psalms. Das Lob Gottes, das darin angesprochen wird, der Dank über Alles, womit uns Gott segnet, hat in diesem Gebet seinen ganz bestimmten Ort: den Tempel in Jerusalem. Dorthin ziehen die Israeliten, hinauf auf den Tempelberg, wo Gott versprochen hat, „Wohnung zu nehmen“, seinen Menschen ganz nahe zu sein. Der Dank wird sozusagen Gott gleich vor die Füße gelegt, eingebunden in Gebet und Gesänge, wie eben auch dem Psalm, greifbar, spürbar, ja, riechbar auch durch ein ganz konkretes Ritual, nämlich dem Dankopfer, dem Verbrennen von Gaben auf dem Altar.

Dass Gott sich an einem Ort ganz besonders finden lässt, eben in diesem Tempel, ist ein wichtiges Element des jüdischen Glaubens, bis heute. Gott „versteckt“ sich nicht in einem fernen Himmel, sondern kommt den Menschen nahe, baut eine Verbindung auf zwischen dem Ort, der nur ihm, Gott zusteht und dem Ort der Menschen, der Erde, seiner Schöpfung. Das Gott so menschennah ist, sich so an Menschen bindet, ihnen entgegenkommt, versteht, dass sie hier und jetzt etwas von ihm greifen und begreifen wollen, das zu glauben, ist auch für uns Christinnen und Christen wichtig.

Es gibt Momente der Gottesbegegnung, da spielen bestimmte Orte eine wichtige Rolle. Gerade in Zeiten der Pandemie haben viele von uns auf den Besuch unserer Erlöserkirche verzichten müssen. Es hat sich gezeigt, wie groß die Sehnsucht auch nach diesem „Tempel“ am Wielandplatz sein kann, nach der Gemeinschaft, den Menschen, die diesen Raum füllen und gemeinsam Gottes Nähe suchen.

Gleichzeitig haben wir aber auch gelernt, zu Hause Gottesdienst zu feiern, auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Kirche ist in die Häuser und Wohnungen gekommen. Kirche kann, mehr denn je wissen wir das, überall sein.

In meinem Urlaub gerade in Kärnten habe ich eine besonders schöne Bestätigung dafür erlebt: das Projekt „Kirchenschiff“ der Evangelischen Kirche A.B. vor Ort auf dem Wörthersee. Schülerinnen und Schüler einer HTL haben zum Reformationsjubiläum auf Initiative ihres Religionslehrers ein Boot konstruiert und auch gebaut, das seit Fertigstellung auf dem See unterwegs ist. Im Sinne der Fürsorge für die Schöpfung wird es mit Solarstrom versorgt. Im Sommer legt es an jedem Sonntag an einem anderen Ort an. Klappstühle werden am Ufer aufgestellt, ein Abendmahlstisch steht auf dem Boot selbst, und Gestaltung des Gottesdienstes und Predigt erfolgt vom Boot hin zur Gemeinde auf dem Festland.

Diese Idee hat ein gut biblisches Vorbild. Im 4. Kapitel des Markusevangeliums wird berichtet, das Jesus am See Genezareth von einem Boot aus einer großen Menge gepredigt hat. Das ist sicher auch ein gottesdienstlicher Moment gewesen, selbst fern vom Tempel in Jerusalem, dem Bedürfnis der Menschen geschuldet, die Jesu gute Botschaft hören wollten.

Das Kirchenschiff am Wörthersee ist genau in diesem Sinne auch ein Zeichen dafür, dass Kirche zu den Menschen kommt, genau dort, wo sie sind und wo sie gerade die frohe Botschaft hören wollen. Weil Gottesdienst, unser „Amt“, Gott zu loben, an jedem Ort geschehen kann. Weil auch Gott selbst überall zu finden ist.
Amen.

Gebet:

Großer Gott, du Schöpferkraft,
unaufhörlich bringst du Leben hervor.
Du bist bei uns in jedem Atemzug,
in jedem Pulsschlag,
du bist in unserem Fühlen und Hoffen,
in unserer Kraft und selbst in unserer Müdigkeit.

Sei du da, wenn Menschen vor Freude jubeln,
wenn sie ihr Glück kaum fassen.
Sei du dann da!

Sei du da, wenn Menschen in die Irre gehen.
Wenn Menschen,
maßlos und egoistisch sind.
Wenn sie andere Dinge wertvoller finden,
als das, was dem Leben dient.

Sei bei allen, die Zeit und Ruhe brauchen,
um wieder zu sich selbst zu finden:
die durch Pflichten belasteten Frauen und Männer;
die an ihrem Arbeitsplatz Überforderten;
für alle, die mit ihren Kräften am Ende sind.

Sei du da, wenn Menschen dich vergessen
in einer vermeintlich beherrschbaren Welt,
wenn deine Kirchen und wir Christenleute
den Mächtigen nach dem Mund
oder an den Menschen vorbei reden.

Sei du da, wenn Christen und Christinnen
in ihren Teilen der Welt als Minderheit leben.
Stärke ihre Kraft und Zuversicht
sowie das Gefühl unserer weltweiten Verbundenheit.

Sei du da, wenn wir für das Leben danken:
Kompliziert ist es und großartig,
ganz allein bricht es hervor und eröffnet Freiheit.

Gott, du Schöpferkraft,
unaufhörlich schaffst du das Leben.
Du bist der Raum, in dem wir sind,
und die Zeit, die uns trägt.
In deiner Gegenwart sind wir,
werden wir,
bleiben wir heil.

.
Und gemeinsam beten wir …

Unser Vater im Himmel …

Segen:

Der Herr segne dich und behüte dich,
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig,
der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden
.
Amen.

Postludium: Martin A. Seidl: Praeludium et Fuga in g von Nikolaus Bruhns (1665 – 1697)