Foto: Franz Radner

 

 

 

Gottesdienst aus der ref. Erlöserkirche,
Wien-Favoriten, 28. Februar 2021
mit Pfr. Johannes Wittich


Orgelvorspiel: Juliane Schleehahn
Spruch: Jes. 43,5:

Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir!.

Begrüßung:

In der heutigen Tageslosung ist in wenigen, knappen Worten auf den Punkt gebracht, warum es gut ist, zu glauben, glauben zu können: weil Glaube das Hilfsmittel gegen jede Form von Angst ist, durch das große Angebot Gottes: du brauchst keine Angst zu haben, weil ich dir die Angst nehme. Wodurch tut Gott das? Ganz einfach: durch seine Nähe. Wir können sie spüren und erleben.

Da ist er, unser Gott, bei uns. Darauf vertrauen wir, wenn wir Gottesdienst feiern, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Psalm 25,1-9:

1 Von David.
Zu dir, Herr,
erhebe ich meine Seele, mein Gott.
2 Auf dich vertraue ich, ich will nicht zuschanden werden,
lass meine Feinde nicht über mich frohlocken.
3 Denn die auf dich hoffen, werden nicht zuschanden,
zuschanden werden, die ohne Treue sind.
4 Zeige mir, Herr, deine Wege,
lehre mich deine Pfade.
5 Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich,
denn du bist der Gott meiner Hilfe,
und auf dich hoffe ich den ganzen Tag.
6 Denke, Herr, an deine Barmherzigkeit
und deine Gnaden, die seit Ewigkeit sind.
7 Denke nicht an die Sünden meiner Jugend noch an meine Verfehlungen,
nach deiner Gnade denke an mich
um deiner Güte willen, Herr.
8 Gut und gerecht ist der Herr,
darum weist er den Sündern den Weg.
9 Er lässt die Demütigen gehen im Recht,
er lehrt die Demütigen seinen Weg
.

Gebet:

Guter Gott,
immer wieder müssen wir einsehen,
dass wir versagt haben:
Wo wir keine Liebe gegeben haben,
obwohl sie so nötig gewesen wäre.
Wo wir nicht gehandelt haben,
obwohl gerade unsere Hand gebraucht worden wäre.
Wir brauchen deine Hilfe
und deine Zuwendung,
damit wir uns anderen zuwenden können.
Du öffnest uns den Himmel
und schenkst uns deine Liebe.
Dafür danken wir dir.
Wir brauchen deine Weite,
wir brauchen deinen Blick über den Horizont hinaus,
damit wir gut leben können.
So suchen wir dich heute,
in diesem Augenblick.
Wir suchen dein Wort und deine Zusage,
und bitten dich:
Sei bei uns mit deinem Wort und deinem Segen.
Weise uns für diesen Tag
und die Zeit vor uns die Richtung,
in die es sich zu gehen lohnt.
Danke, dass du uns hilfst.
Amen.

(nach Mark Meinhard)

Lied: Evangelisches Gesangbuch 621, 1-3: 

1) Herr, ich bin dein Eigentum,
dein ist ja mein Leben.
Mir zum Heil und dir zum Ruhm
hast du mir´s gegeben.
Väterlich führst du mich
auf des Lebens Wegen
meinem Ziel entgegen
.

2) Deine Treue wanket nicht,
du wirst mein gedenken,
wirst mein Herz in deinem Licht
durch die Zeit hin lenken.
So weiß ich, du hast mich
in die Hand geschrieben,
ewig mich zu lieben.

3) Gib auch, dass ich wachend sei,
Herr, an deinem Tage,
und das Licht der Gnaden treu
durch mein Leben trage.
Dass ich dann fröhlich kann
dir am End der Zeiten,
Herr, entgegenschreiten.

Predigttext: Röm. 5, 1-5:

1 Sind wir nun aus Glauben gerecht gesprochen, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.
2 Durch ihn haben wir im Glauben auch Zutritt erhalten zu der Gnade, in der wir jetzt stehen, und seinetwegen rühmen wir uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes.
3 Aber nicht nur dies: Wir sind auch stolz auf jegliche Bedrängnis, da wir wissen: Bedrängnis schafft Ausdauer,
4 Ausdauer aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung.
5 Die Hoffnung aber stellt uns nicht bloss, ist doch die Liebe Gottes ausgegossen in unsere Herzen durch den heiligen Geist, der uns gegeben wurde.

Liebe Gemeinde!

„Wir sind stolz auf jegliche Bedrängnis,“ schreibt der Apostel an die Gemeinde in Rom. Er ist stolz auf das, was er in seinem Leben bisher mitgemacht hat, mitmachen musste. Er ist stolz auf das, was er auch im Moment, in dem er diesen Brief schreibt, aushalten muss.

„Ich bin stolz auf jegliche Bedrängnis“ – wer von uns könnte so etwas von sich sagen? Bedrängnis haben wir gerade reichlich, Einschränkungen, Sorgen, kurze Hoffnungsschimmer – und dann doch wieder Enttäuschungen. Die psychischen Belastungen, ausgelöst durch die Pandemie und die dadurch notwendigen Maßnahmen, sind enorm. Sie treffen alle: die Kinder und Jugendlichen im distance learning, mit zu wenig Kontakt zu Freunden und Mitschülerinnen; die Eltern, die zu Hause die Betreuung der Kinder mit ihrer Arbeit in Einklang bringen müssen; Selbstständige, die um ihre Existenz bangen; Angestellte, deren Arbeitsplatz wackelt oder vielleicht sogar schon verloren gegangen ist; Familien, denen es zu eng wird in ihrer Wohnung; allein Lebende, die vereinsamen, und nicht zuletzt: die Menschen in den Senioren- und Pflegeheimen, sowohl die Bewohnerinnen, als auch die Pfleger. All ihnen den Satz des Paulus: „Seid stolz auf jegliche Bedrängnis!“ entgegenzuschleudern, das geht nicht, das wäre zynisch und herzlos.

„Soll er halt stolz sein, der Paulus, auf seine Bedrängnis,“ ist man versucht zu sagen. „Aber für uns ist das nichts!“ Ja, wir könnten jetzt einfach diesen Abschnitt aus dem Römerbrief zur Privatmeinung von Paulus erklären, und uns eine bessere, passendere, uns mehr entsprechende Bibelstelle suchen. Ein Trostwort in schwierigen Zeiten, wie der Spruch zur Begrüßung oder der Psalm, den wir gehört haben.
.
Auch wenn es zunächst einmal nicht so leicht zu verstehen ist: Paulus versteht das, was er sagt, auch als Trostwort. Auch wenn ich seine Haltung zum Thema „Bedrängnis“ nicht teile – sie ist eingebunden in etwas viel Größeres. In den Kern der guten Botschaft von Jesus Christus: „Wir sind von Gott aus Glauben gerecht gesprochen“, dieser Kernsatz, der in der Reformationszeit wieder entdeckt wurde, dem wir die Entstehung unserer evangelischen Kirchen verdanken, den wir aber auch, inzwischen ohne Feindseligkeiten mehr, mit allen christlichen Kirchen teilen. Was zu unserem Heil nötig ist, ist geschehen. Was uns von Gott getrennt haben mag – es ist aufgehoben. Wir haben Frieden mit Gott, wir stehen in seiner Gnade, er ist uns ganz nahe gekommen und bleibt auch ganz nahe bei uns.

Aus diesem Blickwinkel versuche ich den „Stolz“ des Paulus besser zu verstehen. Er hat der „Bedrängnis“ etwas entgegen zu setzen. Mit erhobenem Haupt stellt er sich den Mächten, die ihm etwas anhaben können. Vielleicht kann man den „Stolz“ des Paulus“ auch als eine Art Trotz interpretieren. Mir gefällt diese Vorstellung: die „Bedrängnis“ kommt, und Paulus kann sagen: ja, es ist schlimm, es ist böse, es ist schmerzhaft, es macht Angst. Aber mir wirklich etwas anhaben kann es nicht. Den in meinem Kern bin ich getragen von Gott. In manchen Situationen muss ich mir das wieder und wieder sagen, weil da vielleicht gerade so gar nichts von Gott zu spüren ist. Aber im Tiefsten weiß ich: er ist da, er ist mir nahe, er lässt mich nicht fallen. Und so kann ich der Bedrängnis entgegentreten.

Nicht leicht, aber den Versuch ist es allemal wert. Noch dazu, wo Paulus diesem trotzigen Stolz, mit dem er der „Bedrängnis“ entgegentreten kann, einiges abgewinnen kann. Er hat Folgen, er beeinflusst die weiteren Entwicklungen: „Bedrängnis schafft Ausdauer, Ausdauer aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung“, meint er weiter. An Herausforderungen können wir wachsen. Das hört man vielleicht nicht so gerne, wenn man gerade mitten in der Herausforderung drinsteckt. Aber, so denke ich, es deckt sich durchaus mit unserer Lebenserfahrung. Aus schwierigen Situationen sind wir auch immer wieder einmal gestärkt hervorgegangen. Paulus nennt das „Ausdauer“. Für mich klingt das ein bisschen, wie wenn man sich Widerstandsfähigkeit antrainieren könnte. Die „Ausdauer“ des Glaubens ist aber keine Trainingssache. Es ist vielmehr die Erfahrung, dass Glaube und Gottvertrauen sich immer wieder lohnen. Es ist die Erfahrung, dass Glaube und Gottvertrauen einfach entsteht, geschenkt wird, ja uns manchmal in den Schoss fällt. Wir klammern uns an einen vermeintlichen Strohhalm – und merken plötzlich, dass es ein Rettungsboot ist.

Ja, Glaube bewährt sich. Und wenn er sich schon so oft bewährt hat, dann wächst er auch. Auch Hoffnung fällt nicht einfach vom Himmel. Sie nährt sich vielmehr aus Erlebnissen und Erfahrungen. Erfahrungen damit, dass Gottvertrauen sich lohnt. Wenn das einmal erlebt wird, dann kann das auch viele Male wieder erlebt werden.

Das löst nicht unbedingt die aktuellen Probleme, denen wir uns gerade stellen müssen. Corona wird uns weiter fordern, uns selbst, Andere, und uns als Mitmenschen Anderer, in unserer Verantwortung für andere. Aber ein bisserl dürfen wir dem Virus schon den Glaubenstrotz des Paulus entgegenstellen: es wird niemals das letzte Wort sprechen können und dürfen. Wir sind gefordert, aber wir können auch umgehen mit diesem Gefordert-Sein. Wir können etwas tun, wir können beten, wir können glauben, wir können Menschen, Mitmenschen sein. Menschen, die in der Gnade Gottes stehen. Amen.

Gebet:

Wir halten uns fest,
gnädiger Gott,
an deinen Zusagen.
Der Weg in den Tod,
den du selbst für uns gegangen bist
als Zeichen deiner übergroßen Liebe
und deines Willens, uns zu retten.
Dafür danken wir dir und kommen zu dir,
um für uns und andere zu bitten:

Öffne unseren Horizont,
dass wir dein Ziel mit der Welt und uns zu greifen lernen.
Schenke uns den Blick in deine Weite,
dass unsere Hoffnung wächst und uns stark macht.

Zeige dich denen,
die diese Hoffnung verloren haben.
Schenke ihnen Zeichen deiner Nähe,
berühre sie mit deiner Kraft
.

Zeige dich denen,
die Verantwortung tragen in unserer Welt.
Gib ihnen Mut für ungewöhnliche Lösungen:
Lass sie die Weite deiner Gedanken spüren
.

Zeige dich denen, die im Leid gefangen sind.
Durch Verfolgung, Krankheit, Krieg und Terror.
Den Menschen, denen der Tod schon nahegekommen ist.
Gib ihnen Kraft, deinem Wort zu trauen,
dass der Tod nicht das Ende ist,
sondern ein neuer Anfang in deinem Licht.
Befreie sie von Schmerz und Trauer –
sende uns als Boten dieser Hoffnung in Wort und Tat
zu unseren Schwestern und Brüdern auf dieser Welt
.
Amen.

(Mark Meinhard)

Unser Vater im Himmel …

Segen:

Der Herr segne dich und behüte dich,
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig,
der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
Amen.

Orgelnachspiel: Juliane Schleehahn