Die stille Zeit im Jahr

„Wenn die stillste Zeit im Jahr vorbei ist, wird es auch wieder ruhiger.“ – so hat es einmal der bayerische Komiker Karl Valentin gesagt. Das wird sich damit decken, wie viele von uns (keineswegs nur die Pfarrpersonen) Adventszeit und Weihnachtstage erleben. Still geht anders.

Wir kommen in diesen Tagen auch gerade aus einer recht aktiven, ereignisreichen und lebendigen Phase des Jahres; in unserer Gemeinde, aber auch in unsere ganzen Kirche H.B., wo es im Oktober an beinahe jedem Sonntag irgendwo eine Amtseinführung gab. Schön, wenn so viel los ist, so viel Leben und Neues geschieht, aber umso wichtiger, dass wir alle – Kirche, Gemeinden und jede und jeder von uns Einzeln – dann aber auch wieder zur Ruhe kommen. In eine stille Zeit eintauchen können.

Freilich lässt sich Stille, Ruhe, Besinnlichkeit und Einkehr nicht einfach verordnen und herbeischnipsen, besonders wenn die Welt um uns herum manchmal wahnsinnig zu sein scheint oder unsere eigenen Sorgen und Aufgaben uns ruhelos machen.

Was hilft dann? Wie können wir Ruhe und Frieden finden, besonders in diesem Advent, in dieser vorweihnachtlichen Zeit? An welche Orte und welche Plätze zieht es uns dann?

Vielleicht kann ein Herbst- oder, später im Jahr, ein Winterwald so ein Ort der Ruhe und der Einkehr sein. So einer, wie ihn Rainer Maria Rilke, dessen 150. Geburtstag heuer gefeiert wurde, in seinem Gedicht „Advent“ so wunderbar schildert:

„Es treibt der Wind im Winterwalde die Flockenherde wie ein Hirt, und manche Tanne ahnt, wie balde sie fromm und lichterheilig wird; und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin – bereit, und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.“

Den Tannen gleich der Weihnacht entgegenwachsen – ein herrliches Bild für unser Christsein, für unsere Vorfreude, für unser Ruhefinden in den Wochen und Tagen vor dem Fest der Geburt unseres Erlösers. Dieser „Nacht der Herrlichkeit“, aber eben auch der Stille und des Friedens.

Einfach durchatmen, zur Ruhe kommen – sei es in der Winterkälte draußen im Wald oder im lauschig-warmen Wohnzimmer. Das euch das gelingen kann, dass diese Wochen, bei allem Stress und allen anstehenden Erledigungen, trotzdem eine stille Zeit werden können – das wünsche ich euch!

Euer Pfarrer Leopold Potyka